ZAW - Zettelarchiv Wossidlos, systematischer Zugang

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Wissenserträge wurden von Richard Wossidlo typischerweise verzettelt, das heißt auf kleinformatigen Papierstücken festgehalten und mit einem Schlagwort versehen. Sein hierarchisch gegliedertes und mit vielen Verweisen versehenes Zettelkastensystem besteht aus mehreren Korpora, die verschiedene Zugänge ermöglichen. Mit "ZAW" (= Zettelarchiv Richard Wossidlos) wird in WossiDiA der sachsystematische und damit größte Teil der Zettelsammlung bezeichnet. Dieser Bestand ist in 1.100 Holzkästen aus schädlingsabweisendem Zedernholz untergebracht und bildet gewissermaßen das Herzstück der Wossidlo-Sammlung, da hier alle Quellen und damit verbundene weitere Bestandsgruppen verschlagwortet sind und entlang einer Sachsystematik nach Inhalten, Gattungen, Motiven und Orten zusammengestellt sind (Pertinenzprinzip). Gleichwohl lassen sich fast alle Belege auf ihren Entstehungszusammenhang zurückführen.

Die in den 1100 Holzkästen enthaltenen Zettel (990.000 Scans mit beschriebenen Seiten) stecken in ca. 30.000 Konvoluthüllen, die aus blauvioletten Schulheftkartons gefertigt wurden. Diese hat Wossidlo jeweils mit einem Schlag- oder Stichwort beschriftet. Die Konvolute bündeln also Zettel, deren Schlagwort (das sich stets in der rechten oberen Ecke eines Zettels befindet) der Beschriftung der blauvioletten Sammelhülle entspricht. Jeder Kasten ist mit mehreren Konvoluten bestückt, die entlang der hierarchisierten Sachsystematik (gleichsam einer Baumstruktur) geordnet sind. Kästen bildet dabei größere Gruppen ab, z.B. von Gattungen und ihren Unterteilungen (z.B. der Sagenbereich mit Kästen wie: Hexensagen, Zwergensagen; der Brauchbereich mit Kästen wie: Ernte, Hochzeit, Weihnachten; der Glaubensbereich mit Kästen wie: Schwarze Kunst, Volksmedizin; der maritime Bereich mit Kästen wie: Arbeit an Bord, Fischer; die Landwirtschaft mit Kästen wie: Vieh des Hofens, Dienstbotenwesen etc.). Auf ähnliche Weise wird der mundartliche Sprachschatz nach Lebensbereichen aufgeschlossen.

Die verschiedenen "Bäume", aus denen die Zettelsammlung besteht, sind untereinander verlinkt. Über zahllose Einzelverweise auf Zettelebene erfolgt dies zum einen durch die sog. "Ortskästen". In den 128 Ortskästen werden vornehmlich Überlieferungen nach Orten zugänglich gemacht. Zusammengestellt werden hier jedoch vornehmlich ortsgebundene Überlieferungssorten, wie Ortssagen und Flurnamen, daneben auch vorgeschichtliche Funde, Kirchenbauten und andere Nachrichten über Plätze. Die blauvioletten Sammeltaschen sind daher mit Orten beschriftet, und die dazugehörigen Zettelbelege tragen anstelle des Stichwortes in der oberen Ecke den Ortsnamen. Die Ortskonvolute sind Kästen zusammengestellt, die größere Regionen (in WossiDiA "Wossi-Regionen") bilden.

Zum anderen werden Verweise mit Hilfe der sog. Motivkästen erzeugt. Hier werden kleinere Einheiten, wie Erzählmotive, Figuren, Geräte, Steine, Metalle


ZAW besteht aus drei Zetteltypen:

- Zettel aus Wossidlos eigener Feldforschung

- Verweiszettel auf die Korrespondenz der Sammelhelfer*innen

- Literaturexzerpt

Vor Einführung maschineller Karteikästen, die heute längst vom Computer ersetzt worden sind, war das Verzetteln von Wissen eine typische Gelehrtentätigkeit. Natur- und Geisteswissenschaftler schufen sich ihre eigenen Zettelkästen, um die von ihnen gesammelten Stoffe überschauen und bearbeiten zu können. Da sie eigenwillige Anordnungs- und Benutzungsregeln schufen, sind solche Zettelkästen oft schwer benutzbar. (Wikipedia: Zettelkasten) Auf der Basis von Zettelaufzeichnungen schufen etwa die Brüder Grimm das umfassende "Deutsche Wörterbuch". Neben Zetteln waren auch Sammelhefte und -bücher als handschriftliches Speichermedium verbreitet.

Der Platz eines Zettels ist begrenzt, er zwingt daher zur Verdichtung. Zettel sind leichte Reisebegleiter, schnell und unkompliziert lässt sich ein Detail vermerken, was heute z.B. das Handy ermöglicht. Im Gegensatz zu einem Buch, das Seiten in eine feste Ordnung zwingt, lassen sich Zettel in einem Zettelkasten umsortieren, und ganze Zettelkästen können in einem Regal umgestellt werden. Ein Zettelkastensystem ist mit anderen Worten ein dynamisches Wissenssystem, das Prinzipien heutiger computativer Arbeitsweise erahnen lässt.