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Richard Wossidlo setzte in Mecklenburg drei nachhaltige Entwicklungen in Gang: Er begründete die hiesige Volkskunde, das „Mecklenburgische Wörterbuch“ und das volkskundliche Museumswesen des Landes. Der in Waren tätige Gymnasialprofessor für Latein und Griechisch zählt zu den „Gründungsvätern“ der deutschsprachigen Volkskunde, sein Archiv zu den ältesten Einrichtungen des Faches. Der volkskundlichen Feldforschung wies er neue Wege und reflektierte über ihre Methoden, lange vor einem Bronislaw Malinowski, dem „Vater der Feldforschung“. Wossidlos Sammlungstechnik galt der noch jungen Volkskunde als vorbildlich. Er ging als „gelehrter Sammler“ ins Feld und war der Sprache und Vorstellungswelt seiner Landsleute mächtig. Damit gelangte er methodisch über das Korrespondentenverfahren der „Lehnstuhlgelehrten“, die sich ohne Kenntnis des Feldes auf das Interpretieren von Daten beschränkten, hinaus, ohne seinerseits das „Gewährsmannprinzip“ aufzugeben. Der Privatgelehrte sah sich in der Rolle eines landschaftlichen Sammlers, der das national gespannte Werk der Brüder Grimm vertiefen wollte. Die territoriale Geschlossenheit seiner Sammlung korrespondiert mit größtmöglicher Breite von Stoffen, Themen und Überlieferungsformen. Sie umfasst deren Ensemble von wortsprachlichen Äußerungen bis zur Sachkultur (die er durch ein 1936 im Schweriner Schloss eingerichtetes „Bauernmuseum Richard Wossidlo“ illustrierte). | Richard Wossidlo setzte in Mecklenburg drei nachhaltige Entwicklungen in Gang: Er begründete die hiesige Volkskunde, das „Mecklenburgische Wörterbuch“ und das volkskundliche Museumswesen des Landes. Der in Waren tätige Gymnasialprofessor für Latein und Griechisch zählt zu den „Gründungsvätern“ der deutschsprachigen Volkskunde, sein Archiv zu den ältesten Einrichtungen des Faches. Der volkskundlichen Feldforschung wies er neue Wege und reflektierte über ihre Methoden, lange vor einem Bronislaw Malinowski, dem „Vater der Feldforschung“. Wossidlos Sammlungstechnik galt der noch jungen Volkskunde als vorbildlich. Er ging als „gelehrter Sammler“ ins Feld und war der Sprache und Vorstellungswelt seiner Landsleute mächtig. Damit gelangte er methodisch über das Korrespondentenverfahren der „Lehnstuhlgelehrten“, die sich ohne Kenntnis des Feldes auf das Interpretieren von Daten beschränkten, hinaus, ohne seinerseits das „Gewährsmannprinzip“ aufzugeben. Der Privatgelehrte sah sich in der Rolle eines landschaftlichen Sammlers, der das national gespannte Werk der Brüder Grimm vertiefen wollte. Die territoriale Geschlossenheit seiner Sammlung korrespondiert mit größtmöglicher Breite von Stoffen, Themen und Überlieferungsformen. Sie umfasst deren Ensemble von wortsprachlichen Äußerungen bis zur Sachkultur (die er durch ein 1936 im Schweriner Schloss eingerichtetes „Bauernmuseum Richard Wossidlo“ illustrierte). | ||
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Wossidlo sammelte Volkserzählungen (Sagen, Märchen, Schwänke, Legenden, Fabeln), Sprichwörter und Redensarten, Volkslieder, Kinderreime und -spiele, notierte sich Bräuche und Feste, beschrieb Landwirtschaft, Seefahrt und Fischerei, Handwerk und Dienstbotenwesen, Haus und Hof, Kleidung und Tracht, Werden, Altern, Sterben, Glaubens-, Denk- und Gefühlswelt des Menschen, dessen Körper, Sinne und Sexualität. Ebenso registrierte er regionale Mentalitäten, Fremdheits- und Außenseitererfahrungen, trug Daten zur Orts- und Kirchengeschichte oder Flurnamen zusammen, verzettelte Ethnobotanisches und - zoologisches u.a.m. | Wossidlo sammelte Volkserzählungen (Sagen, Märchen, Schwänke, Legenden, Fabeln), Sprichwörter und Redensarten, Volkslieder, Kinderreime und -spiele, notierte sich Bräuche und Feste, beschrieb Landwirtschaft, Seefahrt und Fischerei, Handwerk und Dienstbotenwesen, Haus und Hof, Kleidung und Tracht, Werden, Altern, Sterben, Glaubens-, Denk- und Gefühlswelt des Menschen, dessen Körper, Sinne und Sexualität. Ebenso registrierte er regionale Mentalitäten, Fremdheits- und Außenseitererfahrungen, trug Daten zur Orts- und Kirchengeschichte oder Flurnamen zusammen, verzettelte Ethnobotanisches und - zoologisches u.a.m. | ||
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* MWT: Alphabetische Zettelsammlung für das "Mecklenburgische Wörterbuch" von Hermann Teuchert; zusammen mit MWW Grundlage für das siebenbändige großlandschaftliche Mundart-Wörterbuch (500.000 Belege) | * MWT: Alphabetische Zettelsammlung für das "Mecklenburgische Wörterbuch" von Hermann Teuchert; zusammen mit MWW Grundlage für das siebenbändige großlandschaftliche Mundart-Wörterbuch (500.000 Belege) | ||
* NRW: Für Entstehung und Kontext der Sammlung wesentliche Nachlassgruppe (z.B. frühe Sammelbücher, Tagebuchnotizen, Korrespondenz mit Gelehrten usw.) | * NRW: Für Entstehung und Kontext der Sammlung wesentliche Nachlassgruppe (z.B. frühe Sammelbücher, Tagebuchnotizen, Korrespondenz mit Gelehrten usw.) | ||
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Auf den Zetteln notierte Wossidlo stichwortartig den zumeist mundartlichen „Originalton“. Diese Feldforschungsbelege bestehen jedoch aus Varianten unterschiedlicher Zeugenschaft, die ganzen Serien bilden. Dem Benutzer des Archivs stehen darüber hinaus die ausführlichen Niederschriften von Wossidlos Gewährsleuten und zahlreiche Belege und Hinweise, die Wossidlo aus dem gedruckten Schrifttum exzerpiert hat, zur Verfügung. | Auf den Zetteln notierte Wossidlo stichwortartig den zumeist mundartlichen „Originalton“. Diese Feldforschungsbelege bestehen jedoch aus Varianten unterschiedlicher Zeugenschaft, die ganzen Serien bilden. Dem Benutzer des Archivs stehen darüber hinaus die ausführlichen Niederschriften von Wossidlos Gewährsleuten und zahlreiche Belege und Hinweise, die Wossidlo aus dem gedruckten Schrifttum exzerpiert hat, zur Verfügung. | ||
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Aktuelle Version vom 6. Februar 2020, 12:38 Uhr
Art, Umfang, Systematik, Inhalt und Bedeutung des Spezialbestandes
Inhalt und Bedeutung des Spezialbestandes
Richard Wossidlo setzte in Mecklenburg drei nachhaltige Entwicklungen in Gang: Er begründete die hiesige Volkskunde, das „Mecklenburgische Wörterbuch“ und das volkskundliche Museumswesen des Landes. Der in Waren tätige Gymnasialprofessor für Latein und Griechisch zählt zu den „Gründungsvätern“ der deutschsprachigen Volkskunde, sein Archiv zu den ältesten Einrichtungen des Faches. Der volkskundlichen Feldforschung wies er neue Wege und reflektierte über ihre Methoden, lange vor einem Bronislaw Malinowski, dem „Vater der Feldforschung“. Wossidlos Sammlungstechnik galt der noch jungen Volkskunde als vorbildlich. Er ging als „gelehrter Sammler“ ins Feld und war der Sprache und Vorstellungswelt seiner Landsleute mächtig. Damit gelangte er methodisch über das Korrespondentenverfahren der „Lehnstuhlgelehrten“, die sich ohne Kenntnis des Feldes auf das Interpretieren von Daten beschränkten, hinaus, ohne seinerseits das „Gewährsmannprinzip“ aufzugeben. Der Privatgelehrte sah sich in der Rolle eines landschaftlichen Sammlers, der das national gespannte Werk der Brüder Grimm vertiefen wollte. Die territoriale Geschlossenheit seiner Sammlung korrespondiert mit größtmöglicher Breite von Stoffen, Themen und Überlieferungsformen. Sie umfasst deren Ensemble von wortsprachlichen Äußerungen bis zur Sachkultur (die er durch ein 1936 im Schweriner Schloss eingerichtetes „Bauernmuseum Richard Wossidlo“ illustrierte).
Wossidlo sammelte Volkserzählungen (Sagen, Märchen, Schwänke, Legenden, Fabeln), Sprichwörter und Redensarten, Volkslieder, Kinderreime und -spiele, notierte sich Bräuche und Feste, beschrieb Landwirtschaft, Seefahrt und Fischerei, Handwerk und Dienstbotenwesen, Haus und Hof, Kleidung und Tracht, Werden, Altern, Sterben, Glaubens-, Denk- und Gefühlswelt des Menschen, dessen Körper, Sinne und Sexualität. Ebenso registrierte er regionale Mentalitäten, Fremdheits- und Außenseitererfahrungen, trug Daten zur Orts- und Kirchengeschichte oder Flurnamen zusammen, verzettelte Ethnobotanisches und - zoologisches u.a.m.
Daneben notierte er den ostniederdeutschen, d.h. mecklenburgischen Sprachschatz nach Sachgruppen, gruppierte sinnverwandte Ausdrücke und beschrieb Verwendungssituationen (ZAW). Daher finden sich in seinem alphabetischen Zettelkatalog (MWW) – als Vorstufe für das Mecklenburgische Wörterbuch – Zusammenstellungen nach außersprachlichen Kriterien, pragmatischen und semantischen Relationen (besonders Synonyma), sozialen und räumlichen Aspekten oder idiomatischen Wendungen.
Art, Umfang und Systematik des Spezialbestandes
Der Spezialbestand (das Wossidlo-Archiv) besteht aus:
- ZAW: Sachsystematisch geordnetes Zettelarchiv (882.000 Belege)
- BKW: Mit ZAW verknüpfte Korrespondenz mit Wossidlos Gewährsleuten (54.000 Folioseiten und kleinformatige Anlagen)
- MWW: Aus ZAW und BKW abgeleiteter Korpus, ein alphabetisch verzeichneter Auszug für das „Mecklenburgische Wörterbuch“ (500.000 Belege)
- MWT: Alphabetische Zettelsammlung für das "Mecklenburgische Wörterbuch" von Hermann Teuchert; zusammen mit MWW Grundlage für das siebenbändige großlandschaftliche Mundart-Wörterbuch (500.000 Belege)
- NRW: Für Entstehung und Kontext der Sammlung wesentliche Nachlassgruppe (z.B. frühe Sammelbücher, Tagebuchnotizen, Korrespondenz mit Gelehrten usw.)
Auf den Zetteln notierte Wossidlo stichwortartig den zumeist mundartlichen „Originalton“. Diese Feldforschungsbelege bestehen jedoch aus Varianten unterschiedlicher Zeugenschaft, die ganzen Serien bilden. Dem Benutzer des Archivs stehen darüber hinaus die ausführlichen Niederschriften von Wossidlos Gewährsleuten und zahlreiche Belege und Hinweise, die Wossidlo aus dem gedruckten Schrifttum exzerpiert hat, zur Verfügung.